Schutz vor Fälschungen

Gefälschte Arzneimittel – was sollte man als Patient darüber wissen?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht bei jeder vorsätzlich falschen Kennzeichnung eines Arzneimittels von „Arzneimittelfälschung“. Das bedeutet, dass zur Identität, zu den Inhaltsstoffen (z.B. zu Art und Menge von Wirk- und Hilfsstoffen) und/oder der Herkunft (z.B. zum Hersteller oder Zulassungsinhaber) falsche Angaben gemacht werden.

Glücklicherweise sind bislang nur in wenigen Einzelfällen gefälschte Arzneimittel in der sogenannten „legalen Lieferkette“ aufgetaucht. Bezieht man also sein Arzneimittel über eine öffentliche Apotheke oder eine Krankenhausapotheke, ist die Gefahr, ein gefälschtes Arzneimittel zu erhalten, äußerst gering.

Die EU-Fälschungsschutz-Richtlinie

Um die Sicherheit von Arzneimitteln in der legalen Lieferkette gewährleisten zu können, wurde EU-weit ein IT-basiertes Schutzsystem aufgebaut, durch das die meisten verschreibungspflichtigen Arzneimittel direkt vor der Abgabe an den Patienten noch einmal auf Echtheit geprüft werden. Seit dem 9. Februar 2019 dürfen nur noch solche Packungen in den Handel gelangen, die die dafür notwendigen Sicherheitsmerkmale tragen.

Da jede Packung mit einer individuellen, nur einmal vergebenen Packungsnummer versehen ist, wird jede einzelne Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels zu einem Unikat; diese Packungsnummer wird mit SN (Seriennummer) abgekürzt. Sie ist in Klarschrift und in einem maschinenlesbaren, quadratischen Data-Matrix-Code auf der Packung aufgedruckt. Alle vergebenen Nummern werden von den Arzneimittelherstellern in eine geschützte Datenbank hochgeladen. In der Apotheke wird die Seriennummer der Packung direkt vor der Abgabe an den Patienten gescannt und dabei gleichzeitig in der Datenbank abgefragt. Ist die Seriennummer korrekt und gilt die Packung damit als noch nicht abgegeben, gibt das System „grünes Licht“. Wenn diese Freigabe durch die Datenbank nicht erfolgt, wird nach Gründen für die Warnmeldung gesucht und gemeinsam mit dem Hersteller des Arzneimittels der Fälschungsverdacht verfolgt.

Zusätzlich verfügen alle seit dem 9. Februar 2019 hergestellten Packungen über einen sogenannten Erstöffnungsschutz. Bei einem solchen Verschluss ist erkennbar, ob die Packung schon einmal geöffnet wurde. Dieser Erstöffnungsschutz kann z.B. ein Klebesiegel über der Öffnungslasche der Schachtel oder auch eine Perforationslinie sein.

Aufgrund dieser Maßnahmen ist ein Patient, der seine Arzneimittel über die legale Lieferkette bezieht, auch in Zukunft bestmöglich vor Fälschungen geschützt.

Weitere allgemeine Informationen zu Fälschungen

Dennoch stellen gefälschte Arzneimittel leider ein zunehmendes Problem dar. Angeboten werden sie in Österreich in aller Regel über illegale Vertriebswege, insbesondere über das Internet, wo illegale Internet-Versandapotheken ihr Unwesen treiben.

Nachfolgend möchten wir Ihnen zusätzliche Informationen über gefälschte Arzneimittel zur Verfügung stellen.

Wie häufig sind Fälschungen?

Die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Verbreitung gefälschter Arzneimittel sind alarmierend: Man schätzt, dass in Industriestaaten etwa 1 % der im Handel befindlichen Arzneimittel gefälscht sind. In Entwicklungsländern ist dieser Anteil schätzungsweise deutlich höher. Es ist davon auszugehen, dass der Markt der gefälschten Arzneimittel weiterwachsen wird 1.

Diese Arzneimittel werden bei uns am häufigsten von illegalen Internet-Versandhändlern in Verkehr gebracht 1.

Welche Arzneimittel werden gefälscht?

Arzneimittelfälschungen betreffen alle therapeutischen Kategorien; es wurden bisher Fälschungen zu 920 medizinischen Produkten gemeldet. Antiinfektiva, Arzneimittel gegen Malaria, oder Arzneimittel zur Behandlung von Erektionsstörungen - wie zum Beispiel Cialis ® (Tadalafil) - sowie Lifestyle-Medikamente sind davon besonders stark betroffen 1 .

Welche Arten von Fälschungen gibt es?

Allgemein werden drei verschiedene Fälschungsformen unterschieden:

(1) Das Arzneimittel selbst ist ein Original-Medikament mit gefälschter Packungsbeilage und/oder gefälschter Umverpackung

(2) Das Arzneimittel selbst ist ein Original-Medikament, in gefälschter Primärverpackungen (z.B. Blister) und Umverpackungen sowie mit gefälschter Packungsbeilage

(3) Stimmen weder der Wirkstoff noch die Verpackung, spricht man von einer Totalfälschung mit unkalkulierbaren Gefahren für den Anwender. Bei Totalfälschungen sind zwei Untergruppen zu unterscheiden:

- Totalfälschungen, die zu viel oder zu wenig Wirkstoff enthalten.

- Totalfälschungen, die gar keinen oder sogar einen anderen, unbekannten Wirkstoff enthalten 2.

Die Mehrzahl der Fälscher ignoriert die Standards der modernen Arzneimittelherstellung, daher sind diese Produkte von fragwürdiger Qualität.

Welche Gefahren gehen von Fälschungen aus?

Die Einnahme einer Totalfälschung, die zu viel von einem Wirkstoff oder gar einem unbekannten Wirkstoff enthält, kann im schlimmsten Fall lebensgefährlich sein. Enthält die Fälschung keinen oder zu wenig Wirkstoff, kann – z.B. bei einem Antibiotikum – die ausbleibende oder unzureichende Wirkung eine Gefahr darstellen.

Originalware in gefälschter Verpackung kann ebenfalls kritisch sein: Auch wenn es sich hierbei ursprünglich um Originalware gehandelt hat, kann unkontrolliertes oder unsachgemäßes Lagern oder Umpacken eine gesundheitliche Gefährdung durch Verwechslung und Qualitätsminderung darstellen. Nicht zuletzt könnte auch Ware umgepackt worden sein, deren Verfallsdatum bereits überschritten war, was ebenfalls mit Gesundheitsrisiken oder verminderter Wirkung hervorgehen können.

Wie gelangen Fälschungen in den Umlauf?

In Österreich werden gefälschte Arzneimittel wohl am häufigsten über Internet- und Versandhandel in Umlauf gebracht, denn leider gibt es neben den legalen und zuverlässigen Internetapotheken auch eine Vielzahl unseriöser Anbieter 1, 2.

Vom Kauf außerhalb der Apotheke „unter der Hand“ ist jedenfalls abzuraten. Zu Wachsamkeit wird auch beim Kauf von Arzneimitteln im Ausland geraten. Beim Kauf in einer niedergelassenen Apotheke oder bei einer zugelassenen Versandapotheke ist die Wahrscheinlichkeit eine Fälschung zu erwerben aber äußerst gering 3.

Referenzen:

  1. World Health Organization, Medicines: spurious/falsely-labelled/falsified/counterfeit (SFFC) medicines, Fact sheet N°275, January 2010

  2. vfa-Positionspapier „Arzneimittelfälschungen” (2015) (zuletzt am 19.09.2023 abgerufen)

  3. Pharmig Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs –Arzneimittelsicherheit (zuletzt am 19.09.2023 abgerufen)